Reiterpraxis.


"Hacken tief" hat ausgedient

Balance finden mit der Alexander-Technik

Das Kommando "Hacken tief" hat wohl jeder Reitschüler schon mal gehört – nicht selten im Kasernenhofton quer durch die Reithalle gebrüllt. Doch auch wenn die Anweisung in aller Ruhe ständig wiederholt wird: Richtig helfen kann sie dem Schüler nicht.
 

 

Für Walter Tschaikowski ist das Hochziehen der Absätze – einer der häufigsten Sitzfehler bei Reitern – eine fast logische Folge aus einer Körperhaltung, die auch fernab des Sattels besteht. "Hier zeigt sich eine zur Gewohnheit gewordene Verkürzung der gesamten Körperstatur, sodass die natürliche Aufrichtung verloren geht", sagt der Lehrer und Ausbilder für Alexander-Technik und Reiten. Schon der wichtigste Grund für dieses körperliche Zusammenziehen – die Auseinandersetzung mit Stresssituationen – macht deutlich, wie widersinnig eine Korrektur des Reitschülers mittels eines gebrüllten "Hacken tief"-Kommandos ist: Der Reiter gerät nur noch mehr unter Stress. Problematisch ist dies deshalb, da eine angespannte Körperhaltung die freie Atmung behindert, den Reiter nicht ausbalanciert sitzen lässt und die Wahrnehmung beeinträchtigt, sodass der Fehler oft nicht einmal selbst bemerkt wird. "Das körperliche Zusammenziehen hat sich so automatisiert, dass ein herkömmliches Gegensteuern wie das bewusste Strecken des Beines bei entsprechendem Kommando keine dauerhafte Wirkung zeigt oder sogar zu noch mehr Stress führt", so Tschaikowski – der als Alternative ganz auf die Grundsätze der Alexander-Technik baut. "Zunächst ist wichtig, dass vor der Korrektur des eigentlichen Fehlers die zugrunde liegende übermäßige Körperspannung losgelassen wird", führt Tschaikowski aus. Dies wiederum setzt voraus, dass der Reiter lernt, seine hinderlichen Gewohnheiten bewusst wahrzunehmen. Erst dann kann er die festgefahrenen Impulse unterbrechen. "Das Loslassen des Zusammenziehens ist bereits der Richtungswechsel!", so Tschaikowski. Denn allein dadurch, dass der Reiter zum Beispiel immer wieder gedanklich das Lösen der Überspannung in den Hüftgelenken erneuert, erfährt er, wie das damit verbundene Lösen der Beine vom Rumpf seine gesamte Aufrichtung stabilisiert.
"Damit nicht in dem Moment, wenn die Aufmerksamkeit wieder auf etwas anderes gelenkt wird, die alte, unbewusste Haltung wieder eingenommen wird, müssen wir durch einen Lernprozess in der neuen Steuerung ankommen und sozusagen heimisch werden – das schaffen wir durch eine vertiefte Atmung, eine veränderte Außenwahrnehmung, die mächtige Kraft konstruktiver Gedanken und einfach Übung", ist Tschaikowski überzeugt.
Speziell für Reiter hat er auf der Grundlage der Alexander- Technik ein Bewegungstraining entwickelt, das leicht in den Alltag integriert werden kann. Die körperliche Losgelassenheit, Balance und Stabilität, die sich auf dieser Basis im Sattel entwickeln, wirken auch in andere Lebensbereiche hinein, haben positiven Einfluss auf unsere Gedanken und unser Selbstvertrauen.
"Eine sehr sinnvolle Übung für den Anfang ist der Spannungsausgleich im Stehen", sagt Walter

Tschaikowski. Übermäßige Verspannungen im Bereich der Lendenwirbelsäule, die in Form eines Hohlkreuzes häufig vorkommen und gerade beim Reiten sehr hinderlich sind, können so gelöst werden. Vor dem Spiegel stehend stellt man sich zunächst vor, man würde wie eine Marionette an einem Faden am Kopf nach oben gezogen. "Denken Sie gleichzeitig eine doppelte Richtung entlang Ihrer Wirbelsäule nach unten durch die Sitzbeinhöcker als die tiefsten Stellen Ihres Beckens hindurch in die Beine und in den Boden. Gehen Sie nun einige Zentimeter in die Knie und denken Sie dabei sowohl die "Marionettenfadenrichtung" nach oben über den Kopf als auch die doppelte Richtung nach unten durch die Füße in den Boden. Betrachten Sie diese Bewegung im Spiegel. Hierdurch verhindern Sie, dass Sie Ihren Kopf unbewusst zurückziehen", erläutert Tschaikowski. Die Knie bewegen sich dabei so, als ob sie beim Hinuntergehen durch zwei Fäden nach vorn gezogen würden. Mithilfe dieser Vorstellung löst sich die Lendenwirbelsäule bei der Abwärtsbewegung und bleibt in der gelösten Spannung bei der Aufwärtsbewegung. "Ganz wichtig sind dabei ein freier Atem und eine entspannte Außenwahrnehmung", betont Tschaikowski – wer bei der Alexander-Technik etwas zu erzwingen versucht, wird gar nichts erreichen.

Tschaikowski. Übermäßige Verspannungen im Bereich der Lendenwirbelsäule, die in Form eines Hohlkreuzes häufig vorkommen und gerade beim Reiten sehr hinderlich sind, können so gelöst werden. Vor dem Spiegel stehend stellt man sich zunächst vor, man würde wie eine Marionette an einem Faden am Kopf nach oben gezogen. "Denken Sie gleichzeitig eine doppelte Richtung entlang Ihrer Wirbelsäule nach unten durch die Sitzbeinhöcker als die tiefsten Stellen Ihres Beckens hindurch in die Beine und in den Boden. Gehen Sie nun einige Zentimeter in die Knie und denken Sie dabei sowohl die "Marionettenfadenrichtung" nach oben über den Kopf als auch die doppelte Richtung nach unten durch die Füße in den Boden. Betrachten Sie diese Bewegung im Spiegel. Hierdurch verhindern Sie, dass Sie Ihren Kopf unbewusst zurückziehen", erläutert Tschaikowski. Die Knie bewegen sich dabei so, als ob sie beim Hinuntergehen durch zwei Fäden nach vorn gezogen würden. Mithilfe dieser Vorstellung löst sich die Lendenwirbelsäule bei der Abwärtsbewegung und bleibt in der gelösten Spannung bei der Aufwärtsbewegung. "Ganz wichtig sind dabei ein freier Atem und eine entspannte Außenwahrnehmung", betont Tschaikowski – wer bei der Alexander-Technik etwas zu erzwingen versucht, wird gar nichts erreichen.
 

Was ist Alexander-Technik?

Die Alexander-Technik ist eine pädagogische Methode, die in Ermangelung eines besser geeigneten Namens einfach nach ihrem Erfinder benannt wurde: Frederic Matthias Alexander, der von 1869 bis 1955 lebte. Er entwickelte einen Schulungsweg, der einen körperlichen Zugang zu sinnvoller menschlicher Selbststeuerung lehrt. Das grundlegende Prinzip: Wer es schafft, hinderliche Gewohnheiten nach und nach zu erkennen und loszulassen, eröffnet sich die Freiheit für persönliche Veränderungen in Richtung eines erfüllten Daseins. Die Alexander-Technik bietet eine systematische Anleitung für eine Verbesserung des Selbstmanagements und für das Loslassen von Fixierungen und Überspannungen, um dieses Ziel leichter erreichen zu können.